Nachwuchs-Schiedsrichter

Artikel 3:

Kinder an der Pfeife: Kein Problem.
Ein Problem für Erwachsene

Die Anregung in der DHZ im August des vergangenen Jahres, die Kinder Spiele der Kindermannschaften pfeifen zu lassen, ist auf sehr unterschiedliche Resonanz gestoßen. Einige Mutige haben die Idee aufgegriffen und umgesetzt.

Gudrun Seeliger aus Berlin schrieb mir folgendes:

„Wir haben im Mädchen D Bereich angefangen, einfache Regeln zu erklären. Gleichzeitig fragten wir, ob sich die Kinder zutrauen, selbst auch einmal zu pfeifen. Dazu muss man sagen, dass wir einige 5-jährige ‚beschäftigen’. Die Zustimmung zum Pfeifen war groß, die Zustimmung zu einer gemeinsamen Pfeife für alle, allerdings sehr gering. ‘Die Pfeife will ich nicht, da hat ja Louisa reingespuckt’, war noch der geringste Ekelausdruck der Kinder. Einige hatten damit zwar keine Probleme, aber die Mehrzahl rannte nach jedem Pfeifenwechsel zum Säubern ans Waschbecken. Ich versprach den Kindern daraufhin, dass jeder seine eigene Pfeife bekomme. Gesagt getan, durch Zufall ergatterte ich in der nächsten Woche einen Posten ‘Fox-Pfeifen’ in rot/gelb meliert, erstand einige Schnürsenkel, bastelte beides zusammen und verteilte diese Pfeifen am Anfang des Trainings. Es setzte natürlich ein ohrenbetäubendes Pfeifkonzert ein. Seit ca. 4 Wochen haben wir das Problem Nr. 1 – wer spielt noch Hockey? – Alle wollen pfeifen – und Problem Nr. 2 – die nachfolgende Gruppe der C-Mädchen verlangt jetzt auch eigene Pfeifen (haben wir schon besorgt). Wir sind erstaunt, mit wie wenig Mitteln man soviel erreichen kann. Die Kinder pfeifen gerne, oft sogar zu streng und meckernde Eltern wurden aufgeklärt, dass sie der ‘Halle verwiesen’ werden, wenn sie die ‘Schiris’ kritisieren. Und auch das klappt – bis jetzt – sehr gut. Wir hoffen, dass die jungen ‘Damen’ noch lange Freude an der eigenen Pfeife haben und werden das auf alle Fälle voll unterstützen."

Die Vereine innerhalb des Rheinbezirks im Westdeutschen Hockeyverband haben beschlossen, diesen Weg ab der Hallensaison ebenfalls zu gehen. Kritik gibt es, daß die Kinder im D-Bereich überfordert seien. Was in Berlin beim CfL Berlin gelingt, muß dann auf höherer Ebene nicht unbedingt von Erfolg gekrönt sein. Vielleicht ist es bei Meisterschaftsspielen günstiger, zunächst die C-Kinder einzusetzen (dann allerdings auch bei den D-Mannschaften) und die Kinder in den darunter liegenden Mannschaften zunächst einmal im Training trainieren zu lassen. Letztlich war Ursache der kritischen Betrachtung der Kinder-Schiedsrichter im D-Bereich der Part der Erwachsenen: Trainer, Betreuer und Eltern akzeptierten die Entscheidungen der Kinder nicht.
Wenn die Kinder selbst die Entscheidungen „ihrer“ Schiedsrichter respektieren, sollten wir Erwachsene dem nicht im Weg stehen. Sicher ein Appell und klar ist, ein Kind, das mit etwa 8 Jahren beschimpft wird, weil es eine eventuelle Fehlentscheidung getroffen hat, wird in Zukunft nicht mehr zur Pfeife greifen. Daher sollten wir Erwachsenen uns als erstes um unser Verhalten bei den Kinderturnieren Gedanken machen. Beschimpfungen eines Schiedsrichters machen schon in der Bundesliga keinen Sinn; bei den Spielen der Kinderteams sind sie jedoch absolut lächerlich. Und erfahrungsgemäß schimpfen diejenigen am lautesten, die selber die Aufgabe als Schiedsrichter nicht wahrnehmen. Aber das ist in allen Spielklassen so.

Michael v. Ameln, Nachwuchsschiedsrichterreferent des DHB (22.2.2004)

 
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Hinweis:

Das Schiedsrichterwesen in Deutschland steht in den kommenden Jahren vor einer großen Bewährungsprobe. Aus verschiedensten Gründen wagen immer weniger Sportler den Griff zur Pfeife. Aus diesem Grund stellt die Deutsche Hockey Zeitung in unregelmäßiger Folge erfolgreiche Nachwuchs-schiedsrichter vor. Wir drucken diese Portraits mit freundlicher Genehmigung der DHZ noch einmal ab.

 

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