Nachwuchs-Schiedsrichter

Artikel 1:

Demokratie auf dem Hockeyplatz

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“, sagt der Volksmund. Und das gilt auch auf dem Hockeyplatz: Als vor kurzem bei einem Knabenauswahlturnier der Bezirksmannschaften des Westdeutschen Hockeyverbandes der jugendliche Schiedsrichter durch Herunternahme des Armes die verhängte Strafecke freigab, wurde diese nicht gespielt und es gab nach fast einer Minute einen Freischlag für die Verteidigung. Ziemlich verdutzt waren die Angreifer, die offensichtlich gar nicht wußten, was sie falsch gemacht hatten. Letztlich wußte der Herausgeber nur nicht, daß der Freiruf des Unparteiischen abgeschafft worden war. Und der 12-jährige Jugendschiedsrichter hat natürlich noch nicht die Erfahrung, dies zu bemerken und entsprechend zu reagieren.

Die Nachfrage bei einem Schiedsrichter des gleichen Bezirks der Mannschaft ergab, daß in dem Bezirk noch der Freiruf erfolgt und man dort die neue Freigabe der Strafecke ablehnt. Hierfür mag es gute Gründe geben. Die gibt es jedoch auch für die Entscheidung der zuständigen Kommission für die Schiedsrichter- und Regelfragen des DHB (KSR). Und letztlich gebietet es die Demokratie, solche Entscheidungen umzusetzen, ob man sie nun gutheißt oder ablehnt. Letztlich gibt es geordnete Verfahren, wie die verantwortlichen Entscheidungsträger dazu kommen, solche Aufgaben übertragen zu bekommen und dann sind deren Entscheidungen auch hinzunehmen oder man kann seine Einwände dagegen erheben. Mir geht es auch so, daß ich nicht jede Regel oder Richtlinie gutheiße. Und wenn die KSR jedoch einen entsprechenden Beschluß – demokratisch – gefaßt hat, dann habe ich ihn auf dem Platz umzusetzen.

Im o.g. Fall sind die Leidtragenden die betroffenen Knaben. Sie erhalten eine vollkommen berechtigte Strafecke und werden um den Lohn ihrer Mühen gebracht, weil sie die neuen Bestimmungen noch nicht kennen. Letztlich kann es vielen Mannschaften so gehen, wenn sie sich nach den Vorrunden in den Landesverbänden – oft mit Schiedsrichtern aus dem eigenen Club – durch die Zwischen- und Endrunden der Verbände dann in die jeweiligen Turniere auf DHB-Ebene gespielt haben. Schade, wenn dann ein Team ein Spiel verliert und um den Lohn der Saison gebracht wird, weil es vorher noch nicht die aktuellen Bestimmungen auf DHB-Ebene kennengelernt hat, von denen es sicher einige gibt, die vielleicht nicht in allen Verbänden umgesetzt werden: Richtlinie zu persönlichen Strafen. Richtlinie zur Herausgabe der Strafecke. Richtlinie zum Umgang mit Trainern und Betreuern...

Spätestens in den Endrunden der Verbände und in den Vor-, Zwischen- und Endrundem um die Deutsche Jugendmeisterschaft stehen gut ausgebildete Nachwuchsschiedsrichter auf dem Platz. Diese kennen die entsprechenden Richtlinien und setzen sie um. Einerseits, weil dies die Demokratie gebietet, dann, weil sie danach bewertet werden und wie jeder andere Sportler auch erfolgreich sein wollen und letztlich, weil es schlicht und ergreifend ihre Aufgabe ist.

Wenn nun jemand meint, er müsse eine Richtlinie nicht umsetzen, dann soll er seine Gründe den Verantwortlichen vortragen, aber dennoch aus Respekt vor den anderen Sportlern, diese dennoch umsetzen. Und zu überlegen bleibt, daß vielleicht auch diejenigen, die eine Richtlinie beschlossen haben, gute Gründe für ihre Entscheidung haben. Und auch für die Verweigerung dieses Postulats hat der Volksmund am Niederrhein den passenden Kommentar: „Watt de Buur nitt kennt, dat fritt er nitt-“ – „Was der Bauer nicht kennt, das ißt er nicht.“

Michael v. Ameln, Nachwuchsschiedsrichterreferent im DHB

 
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Hinweis:

Das Schiedsrichterwesen in Deutschland steht in den kommenden Jahren vor einer großen Bewährungsprobe. Aus verschiedensten Gründen wagen immer weniger Sportler den Griff zur Pfeife. Aus diesem Grund stellt die Deutsche Hockey Zeitung in unregelmäßiger Folge erfolgreiche Nachwuchs-schiedsrichter vor. Wir drucken diese Portraits mit freundlicher Genehmigung der DHZ noch einmal ab.

 

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